
Jesus erniedrigte sich selbst und gehorchte Gott bis zum Tod - zum Verbrechertod am Kreuz. (Die Bibel, Philipperbrief 2, 8)
Jesus wusste, wer er war. Jesus wusste, dass er eigentlich in den Himmel, in die strahlende Welt seines Vaters gehörte. Er wusste, dass sein Vater durch ihn das Universum mit seinen Milliarden von Galaxien geschaffen hatte. Er wusste, dass er ohne Sünde war. Er wusste, dass er die Wahrheit war und den Menschen die Wahrheit und nichts als die Wahrheit brachte. Er wusste, dass er Gott in Person war: Ich und der Vater sind eins (Die Bibel, Johannesevangelium 10, 30), hat er bekanntlich einmal gesagt.
Jesus wusste das alles. Er war so souverän. Und was erlebte er, als er sich als Mensch auf der Erde, im Land Israel bewegte? Er erlebte, dass viele, viele Menschen ihm mit Ablehnung begegneten: Ich bin im Namen des meines Vaters gekommen, hat Jesus mal gesagt, und ihr nehmt mich nicht an. Und so war es wirklich: Die Tempelpriester lehnten ihn ab. Die Pharisäer und Schriftgelehrten lehnten ihn ab. Am Ende hassten sie ihn und verfolgten ihn mit ihrem Hass. Nachts musste Jesus die Stadt verlassen, wenn er in Jerusalem war. Da waren die Killerkommandos unterwegs, die ihn still und leise beseitigen sollten. Schriftgelehrte und Gesetzeskundige versuchten wieder und wieder, ihm eine Falle zu stellen und ihn mit Worten zu fangen, um ihn anklagen zu können. Der Wahrheit, die Jesus ihnen brachte, begegneten sie mit Verdrehungen und Lügen. Sein Angebot der Vergebung und Rettung rief nur Empörung in ihnen hervor. Wenn er Menschen heilte, Tausenden von Hungrigen zu essen gab und Tote auferweckte, sagten sie (Die Bibel, Markusevangelium 3, 22): „Er hat den Teufel im Leib!“
Ja, stimmt, Hunderttausende feierten Jesus, als er am Palmsonntag in die Stadt Jerusalem einzog. Feierten ihn wie einen König. Aber dann merkten sie nur zu bald, dass dieser König nicht ihren Willen, den Willen des Volkes tat, sondern den Willen des Vaters im Himmel. Und da wich die Begeisterung. Wich einer tödlichen Stille. Und nur zu bald riefen Hunderttausende: „Hinweg mit ihm! Kreuzige ihn!“
Jesus machte Bekanntschaft mit einer Welt, die religiöse Traditionen und Rituale hochhielt, aber gegen Gott rebellierte. Er machte Bekanntschaft mit einer Welt, für die der lebendige Gott nur eine lästige Konkurrenz war. Er erlebte eine Welt, die im Tiefsten ihres Herzens Gott weghaben wollte, und die darum auch ihn, den Sohn Gottes weghaben wollte.
Was meinen Sie: Hätte es nicht nahegelegen für Jesus zu sagen: „Warum tue ich mir eigentlich das alles an? Ich komme, um ihnen allen die dringend benötigte Rettung zu bringen. Und sie begegnen mir als Feinde! Ist so eine kaputte, verkommene Menschheit überhaupt den ganzen Einsatz wert? Nein, sie - sind es nicht wert!“
Doch, - es hätte sehr nahe gelegen, das zu sagen, und das Projekt „Rettung“ abzubrechen. Aber Jesus brach das Projekt nicht ab. Er blieb auf seiner selbst gewählten Stufe als Mensch. Er ließ sich weiter verachten, verspotten, drangsalieren, angreifen. Er erduldete weiter den kolossalen Widerstand, den eine in Sünde verlorene Menschheit ihm entgegensetzte.
Warum? Weil er die Verlorenen liebte, so wie sein Vater im Himmel die Verlorenen liebte. Darum!
Und dann am Ende der Verrat durch einen seiner Jünger, die Geißelung mit einer römischen Lederpeitsche, an deren vielen Enden Knochensplitter und Bleistücke befestigt waren. Viele überlebten eine Geißelung nicht. Jesus überlebte. Aber der Schmerz muss furchtbar gewesen sein.
Und dann die Kreuzigung … Die antiken römischen Geschichtsschreiber berichten, dass man tausend Tode starb am Kreuz, bevor man endlich den letzten Atemzug tat. Die Schmerzen, die ein Gekreuzigter auszuhalten hatte, sind mit Worten nicht zu beschreiben. Die Kreuzigung war ein schreckliches und ein schamvolles Sterben. Sie war reserviert für die schlimmsten Kriminellen. Nackt und gepeinigt von Luftnot und Schmerz hing man über einer Menschenmenge, die einen anglotzte und verspottete. Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen. Ist er der König von Israel, dann steige er herab vom Kreuz. Dann wollen wir an ihn glauben. Das riefen die Leute damals (Die Bibel, Matthäusevangelium 27, 42). Und natürlich, Jesus hätte es gekonnt, vom Kreuz herabsteigen. Wie nahe hätte es für ihn gelegen, das zu tun. Wie groß muss die Versuchung für ihn gewesen sein, dieses furchtbare Hängen am Kreuz einfach abzubrechen. Aber er wollte es nicht! Weil es dann keine Rettung für uns Menschen gegeben hätte.